Was genau sind Mittelwände und was haben diese mit einem eigenen Wachskreislauf zu tun?

In der freien Natur bauen Bienen ihre Waben im sogenannten Naturbau. Sie beginnen also an irgendeiner freien Stelle der Decke einer Baumhöhle mit dem Bau einer ersten Wabe. Diese Wabe wird in der Folge immer größer und es gesellen sich seitlich schon bald weitere Waben hinzu. Zwischen den Waben ist gerade so viel Platz, dass sich Gassen bilden, durch welche sich die Bienen bewegen können. Der verfügbare Platz wird optimal ausgenutzt und füllt sich immer weiter mit Waben, die zusammen oftmals kleinen organischen Kunstwerken gleichen.

Wildbau

Doch für die meisten Imker ist diese „Unordnung“ der blanke Horror. Die moderne Imkerei ist so gedacht, dass den Bienen eine Behausung (Beute) in Standardmaß gestellt bekommen. In diese Beute lassen sich in Reih und Glied bewegliche (Holz-)Rähmchen hängen, in welche die Bienen ihre Waben bauen. Der Vorteil dabei ist, dass diese Rähmchen wie gesagt beweglich sind und dass die Waben nicht fest mit der Decke der Beute verbunden sind. So können einzelne Rähmchen herausgenommen und begutachtet werden -und das alles, ohne dass das Bauwerk Schaden nimmt. Die Breite der Holzrähmchen und der Abstand zwischen ihnen orientiert sich an der Biologie und dem Verhalten der Bienen. In aller Regel fügen sie sich diesen Vorgaben und bauen „ordentlich“ (also ohne Wildbau) nach diesem System parallel nebeneinander.

Um den Wabenausbau noch weiter zu lenken, werden in diese Rähmchen Mittelwände eingefasst. Mittelwände sind gepresste oder gegossene Wachsplatten, welche bereits das typische Sechseckmuster der einzelnen Zellen über die gesamte Fläche vorgeben.
[Bild gedrehte Kerze]
Den Bienen werden somit noch engere Vorgaben für den Bau der Wabe gegeben: Die Lage im Raum ist somit noch deutlicher gesetzt (alle Mittelwände stehen parallel zueinander) und auch die Größe der Zellen. Dies ist von Bedeutung, weil sich die Zellengröße weiblicher und männlicher Bienen unterscheidet: Die fleißigen Arbeiterinnen, die draußen Nektar sammeln und die jeder schon einmal gesehen hat, werden in vergleichsweise kleineren Zellen aufgezogen. Die Männchen (Drohnen) hingegen sind größer und brauchen auch größere Zellen für ihre Entwicklung. Mit einer vorgeprägten Mittelwand kann der Imker also Einfluss auf das Geschlechterverhältnis innerhalb des Bienenstocks nehmen.

Doch nach diesem langen Vorspann nun zu den Mittelwänden und dem dafür verwendeten Wachs – und somit zum eigenen Wachskreislauf: In den letzten Jahren kam es leider zu einem Wachsskandal, der das Vertrauen vieler Imker in zugekaufte Wachsmittelwände nachhaltig erschüttert hat. Als Imker möchte man seinen Bienen natürlich Mittelwände aus 100 % reinem Bienenwachs geben. Und man muss darauf vertrauen können, dass dieses Wachs möglichst frei von Rückständen (Insektiziden, Chemikalien, etc.) ist.
Man muss sich bewusst machen, dass sich Bienenwachs inzwischen in einem großen weltweiten Kreislauf befindet: Ich erwerbe als Imker also Mittelwände, auf welchen meine Bienen eine gewisse Zeit leben und verkaufe dieses Wachs danach wieder an einen Betrieb, der Wachs von vielen Imkern aufkauft, mischt und wieder als Mittelwände auf den Markt gibt.
Dieses Vorgehen kann man insbesondere deshalb hinterfragen, weil Bienenwachs eine doppelte Speicherfunktion erfüllt. Also nicht nur die offensichtliche „Speicherung“ von Honig und Pollen, sondern auch im chemischen Sinn, da Bienenwachs aufgrund seiner chemischen Struktur Giftstoffe anzieht und speichert. Tragen Bienen also Pollen oder Nektar ein, die mit Umweltgiften kontaminiert sind, so gehen diese Gifte vom Nahrungsmittel in das Wachs über. Einfach ausgedrückt: Die Qualität des Nahrungsmittels steigt, doch die Kontaminationen im Wachs nehmen zu. In der freien Natur verlassen Bienen früher oder später ihren Bau und gründen ihn an anderer Stelle neu. Sie errichten dabei ein frisches Wabenwerk, das diese Filterfunktion unvorbelastet übernehmen kann. Das verlassene Wabenwerk wird von Wachsmotten zersetzt und so bietet die verlassene Höhle im kommenden Jahr Platz für ein neues Bienenvolk. Allein diese Ausführung zeigt, wie faszinierend und gut abgestimmt die Prozesse und Materialien innerhalb eines Bienenvolkes sind.

Wird altes Bienenwachs nun also immer und immer wieder „neu“ in (fremde) Bienenvölker eingebracht, so reichern sich bestimmte Stoffe zwangsläufig an und das Wachs entfernt sich immer mehr von einem ursprünglichen Naturprodukt. Erschwerend kam in den letzten Jahren eine unsägliche Pantscherei hinzu: der Markt wurde mit großen Mengen Mittelwänden geflutet, die für Imker nach völlig „normalen“ Mittelwänden aussahen. Doch es handelte sich nicht um reines Bienenwachs, sondern ein billiges Imitat auf dem viele Völker kläglich eingegangen sind. Auch wenn viele verantwortungsbewusste Imker diese minderwertigen Imitate aus dem Verkehr gezogen haben werden, so ist zu befürchten, dass Teile davon weiter im Kreislauf kursieren und das reine Bienenwachs verunreinigen.

Man spricht von einem geschlossenen Wachskreislauf, wenn ein Imker beschließt, von außen kein fremdes Wachs mehr in seine Bienenvölker zu geben. Hierbei verzichtet er entweder komplett auf den Einsatz von Mittelwänden oder er setzt Mittelwände ein, die komplett aus eigenem Bienenwachs hergestellt wurden. Man gibt sein Bienenwachs also entweder einem wachsumarbeitenden Betrieb oder man legt sich selbst eine Mittelwandpresse/-gießform zu.
Der Wachsumarbeiter nimmt einem viel Arbeit ab. In aller Regel reinigt er das Wachs auch vorab (was zu Hause bereits viel Zeit und Arbeit bedeutet) und liefert kurze Zeit später perfekt zugeschnittene Mittelwände. Am Ende besteht aber auch hier (zumindest theoretisch) das Risiko, dass man zumindest in Teilen fremdes und ggf. unreines Wachs erhält. Viele Betriebe arbeiten aber so transparent, dass man bei der Umarbeitung selbst dabei sein kann und sich vergewissert, dass alles korrekt läuft.
Wir haben uns für eine eigene Wachsgießform entschieden und stellen unsere Mittelwände selbst her. Die Anschaffungskosten für eine solche Gießform sind leider zunächst recht hoch und man handelt sich eine Menge zusätzlicher Arbeit ein. Doch wenn man betrachtet, welche zentrale Rolle gutes reines Bienenwachs für die Prozesse im Volk spielt, so halten wir diesen Weg für richtig.
Als Stadt-Imker können wir ohnehin schon davon ausgehen, dass Wachs und Honig bei uns praktisch unbelastet sind. Durch den eigenen Wachskreislauf stellen wir zusätzlich sicher, keine Stoffe in die Bienenvölker zu tragen, die dort nicht hingehören.

Wir haben uns eine eigene Mittelwandgiessform zugelegt und haben uns dabei übrigens für das Zellmaß von 5,1 mm entschieden – doch dazu später einmal an anderer Stelle mehr.

Selbst hergestellte Mittelwände